Die Boviden sind – Überraschung! – Hornträger und das Spektrum ihrer Gestalt erstreckt sich über alle von uns Menschen bekannten Hornträger: Steinböcke, Wisente, Bison, Wasserbüffel, Antilope, Widder, Moschusochse, Highlandrinder, Ziegen und so weiter. Die breite Variation gilt auch für ihren weiteren Körperbau: Es gibt im Süden die schlanken, eher an Gazellen und Antilopen erinnernden Boviden und im Norden mächtige Boviden, die an Bisons oder Auerochsen erinnern und praktisch alle Murin und Hanun überragen. Sie sind der einzige Stamm deren Füsse nicht aus fünf Zehen bestehen sondern die auf Hufen gehen. Das macht sie auch zu eher schlechten Seeleuten, auch wenn sich manche Boviden ihre Hufe so feilen oder spezielle Eisen an den Hufen tragen, die ihnen das Klettern in den Waten und Webleinen erlauben. Wenig überraschend sind sie auch schlechte Schwimmer, obschon sie gerne in hüfthohem Wasser baden.
Boviden gelten auf ganz Okanea als Bauern und Gärtner. Was uns modernen Menschen als Beschimpfung erscheinen mag, ist auf Okanea allerdings alles andere als das. In einer Welt, die nur aus Inseln besteht von denen die grössten kaum grösser sind als Island, ist Landwirtschaft für eine Gesellschaft, die auf der Schwelle zur Moderne steht, der entscheidene Lebensbereich. Denn die schnell wachsenden unterirdischen Städe der Murin verfügen zwar über Pilzfarmen und andere ähnliche Methoden, vegetarische Lebensmittel auch unter der Erde zu produzieren, aber diese reichen schon seit Jahrhunderten nicht aus, um die Bevölkerung der Metropolen zu ernähren. Gleichzeitig ist Land knapp und eine Landwirtschaft, die gleichzeitig die Erträge maximiert und nachhaltig mit den Böden umgeht ist daher für jedes Inselreich ein zentraler Erfolgsfaktor. Dabei sind die Boviden nicht nur erfolgreiche Landwirte sondern aus Meister der angrenzenden Disziplinen: Sie verstehen es meisterhaft Obst- und Gemüsegärten, Bewässerungssysteme und Terrassenfelder anzulegen, Landgewinnung an flachen Küsten zu betreiben, Salz mittels Salinen aus Meerwasser zu gewinnen, Windmühlen zu bauen, die Wasser verteilen oder Mehl malen. Und sie gelten als die besten Köche und Brauern auf ganz Okanea – zwei Künste, die in ganz Okanea zu den höchst geschätztesten gehören.
Sie leben, ähnlich wie die Murin, gerne in grossen Familien oder Dorf-Verbänden, meiden aber die unterirdischen Grossstäde der Murin und bilden daher höchstens kleinere Städe. In diesen Gemeinschaften gibt es zwar enge Familienbande, aber da die Landwirtschaft stets eine intensive Zusammenarbeit des ganzen Dorfte benötigt, pflegen sie eine Form der Kommune, bei der viele Verantwortungen gleichmässig auf die Gemeinschaft verteilt werden. Einige, nur von Boviden bevölkerten und regierten Inselreiche haben es zu einem erheblichen Wohlstand gebracht, da Lebenmittel nicht nur sowieso immer drohen knapp zu sein, sondern die intensive Schifffahrt auf Okanea ja auch erheblichen Mengen Lebensmittel benötigt. In der Regel aber ist die Steuerlast, die die Boviden-Kommunen aufbringen und an den Klerus und den Adel abgeben müssen so hoch, dass es für einen Wohlstand nicht reicht.
Die Boviden lieben Theateraufführungen. Praktisch jedes Dorf verfügt über ein Amphitheater oder sogar ein Theater-Gebäude, dass nicht nur als Schauplatz für die Aufführungen sondern gleichzeitig auch als Plenum der Kommune dient. Die Stücke der Boviden sind meist „nur“ abendfüllend und natürlich weniger komplex als die Epochalepen in den Metropolen der Murin, legen dafür aber mehr Wert auf die verwendete Sprache und haben fast immer eine humoristische und moralische Komponente, während die – neue – murinische Theatertradition eher auf Dramen mit viel Blut und Verrat setzt. Und anders als bei den Murin gibt es kaum professionelle Schauspieler, sondern das Schauspiel ist eine Art Volkbeschäftigung. Da die Alphabetisierung noch nicht weit fortgeschritten ist, werden die Texte mündlich weitergegeben und so ist es kein seltener Anblick, zwei Boviden, die ein Feld bestellen, beim deklamieren von Dramen anzutreffen.
Ihre Statur – die gerade in den gemässigten Zonen sehr kräftig ist – hat sie seit vielen Jahrhundert auch zu beliebten Kämpfern gemacht, die allerdings des Ruf haben, nicht ganz einfach zu führen zu sein, insbesondere, da sie grossen Wert auf gute Versorgung legen. Gerät aber eine Kampfgruppe von Boviden in einen Kampfrausch gab es – bis zur Einführung der Feuerwaffen – wenig, was ihnen etwas entegensetzen konnte. Alleerdings haben sie eine empfindliche Moral: Geraten einzelen Mitglieder einer Kampfgruppe in Panik, kann das schnell die ganze Gruppe erfassen und in eine Massenpanik und kopflose Flucht ausarten – im schlimmsten, Fall zurück durch die eigenen Reihen, was leider nicht so selten passiert, wie sich murinische Generäle wünschen würden.
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